Handwerk als Perspektive für die Jugend
Text und Fotos von Volker Thamm (Nassauische Neue Presse)
Diez.
Das heimische Handwerk steht für den Ausbildungsmarkt Gewehr bei Fuß.
Und das Interesse der Jugendlichen für das Handwerk ist riesig. Das zeigte
sich gestern beim vierten Kreishandwerkertag in der Nicolaus-August-Otto-Schule
Diez, bei dem sich 650 Jugendliche aus neun Schulen im Rhein-Lahn-Kreis intensiv
mit Ausbildungsberufen im Handwerk auseinander setzten. Ursprünglich
hatten sich 900 Schüler angemeldet, doch diese große Zahl konnte
organisatorisch nicht bewältigt werden.
Überhaupt leistete das Lehrerkollegium
der Berufsbildenden Schule Diez unter der Leitung von Paul Wendt vorbildliche
Organisationsarbeit, um den Schüleransturm aus Altendiez, Katzenelnbogen,
Bad Ems, Nastätten, Holzappel, Diez und Hahnstätten zu bewältigen.
Im festgelegten Zeitplan wurden die Klassen von Station zu Station geführt,
so dass jeder Schüler und jede Schülerin jedes der vorgestellten
Handwerke kennen lernte.
Auf dem Stundenplan standen Sanitär, Heizung, Klima, ferner Tischler, Fleischer, Baugewerke, Fliesenleger, Dachdecker, Steinmetze, Kfz-Handwerk, Elektro-Handwerk, Bäcker und Maler, aber auch die Sponsoren mit ihren Ausbildungsberufen wie zum Beispiel Banken und Versicherungen.
Das Ziel eines solchen Kreishandwerkertages ist klar: Den jungen Menschen sollte das Handwerk als Ausbildungsberuf näher gebracht werden, das Handwerk als verheißungsvolle Zukunftsperspektive mit all all seinen Weiterbildungsmöglichkeiten bis zur Zulassung zur Hochschule, wie Kreishandwerksmeister Günter Schütz in seiner Eröffnungsansprache betonte. Auch in der Zukunft würden gut ausgebildete Fachkräfte gebraucht.
Landrat Günter Kern skizzierte als Schirmherr diese Veranstaltung zum einen als Werbung für das Handwerk und zum anderen als Chance für die jungen Leute, denen Perspektiven für einen eventuellen Ausbildungsplatz geboten würden. Gleichzeitig gab er zu bedenken, dass im August 1527 Ausbildungsstellen gemeldet wurden, jedoch 2894 Bewerber in den Startlöchern standen.
Oberstudiendirektor Harald Fleckner, Leiter der Nicolaus-August-Otto-Schule, offenbarte sich als Verfechter des Kreishandwerkertages. "Das Handwerk muss sich präsentieren, sonst kommen die Schüler nicht zum Handwerk." Er berichtete, dass die Schule "voll", die derzeitige Welle jedoch noch mit organisatorischen Mitteln zu bewältigen sei.
"Eigentlich
müsste jeder junge Mensch verpflichtet werden, ein paar Monate im Handwerk
zu arbeiten", regte Karl-Heinz Gaschler, Hauptgeschäftsführer
der Kreishandwerkerschaft, an. Er hielt die kommende Mehrwertsteuererhöhung
nicht für problematisch, und die zu erwartende Delle im nächsten
Jahr könnte mit Schwung überwunden werden.
Franz Jürgen Müller, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Montabaur, verkündete, dass 85 Ausbildungsstellen in den Kreisen Rhein-Lahn und Westerwald noch nicht besetzt seien. Aufgrund der wirtschaftlichen Situation sei in einigen Handwerksbereichen die Eigenkapitalbasis "eng" geworden, informierte Kreishandwerksmeister Schütz, und Ausbildung koste nun mal Geld. Aber der wirtschaftliche Aufschwung greife bereits in einigen Betrieben.
Der stellvertretende Kreishandwerksmeister Gunter Wick (Hahnstätten), der in seinem Betrieb selbst vier Lehrlinge hat, bemängelte die schlechte schulische Vorbildung zahlreicher Bewerber. "Wer die Grundrechenarten nicht beherrscht, kann keine Gesellenprüfung bestehen", gab er zu bedenken.